Autorius: Von Andrej Iwanowski Šaltinis: https://de.sputniknews.com/pol... 2020-11-20 19:34:00, skaitė 999, komentavo 0
Es sei müßig, Psychoanalysen von Trump zu machen, was man ohnehin vier Jahre lang gemacht habe, meinte Ex-Außenminister Sigmar Gabriel. Viel wichtiger wäre es, zu analysieren, was die 73 Millionen Trump-Wähler motiviert hat – und „was finden wir in unserem Land wieder und ob wir etwas daraus lernen, was in den USA passiert ist“.
Denn es gebe genügend Leute auch in Deutschland, die sich – ähnlich wie die Trump-Wähler – nicht gehört fühlen und deshalb gegen die Ordnung rebellieren, sagte der Ex-Politiker.
„Wie kriegen wir Kontakt zu denen, die diese Sendung nicht sehen und den Berliner ‚Tagesspiegel‘ nicht lesen?“ formulierte Gabriel. Er meinte damit die Menschen in Deutschland, bei denen „die progressive und liberale Idee unserer Gesellschaft nicht ankommt“.
Diesen Fokus-Wechsel von Amerika nach Deutschland fand auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier spannend, der in der Bundesrepublik ebenfalls genügend Leute sieht, die nach einfachen Lösungen suchen und „Frust auf die liberalen Eliten haben“. Bei der Demonstration am Mittwoch in Berlin haben sich „die Leute von rechts außen bis links außen bei ihrem Protest getroffen“, betonte er.
„In Deutschland und in Europa gibt es Menschen, die gewissen Medien nicht mehr vertrauen – und das hat nicht mit Trump, sondern mit unserer Zeit etwas zu tun“,stimmte dem Souad Mekhennet, die aus den USA zugeschaltete „Washington Post“-Reporterin, zu.
Schnell war man in der Runde einig: So wie früher, wie etwa in der Barack-Obama-Epoche, wird es nach dem (vorerst allerdings noch nicht offiziell bestätigten) Wahlsieg von Joe Biden nicht mehr. „Unsere Liebe zu Barack Obama hat leider nichts gebracht“, bemerkte der Talk-Master Thomas Gottschalk. „Die Amerikaner haben auf die Politik von Obama mit der Wahl von Trump geantwortet.“
„Da kam einer, der einfach mal mitten in die Grütze gehauen hat" – so charakterisierte Claus Kleber, Moderator des „ZDF-heute-journals“ den damaligen Machtwechsel von Obama zu Trump. Und die rüpelhafte Art des neuen US-Präsidenten sei bei vielen Amerikanern eben extrem gut angekommen.
Aber nicht nur die, natürlich: Trump habe auch geliefert, bemerkte Daniela Schwarzer, Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. „Er hat die Steuern gesenkt und – bis die Covid-Krise kam – gute Wirtschaftszahlen vorgelegt.
Die Bevölkerung hat gesehen: ‚Mit dem geht es mir besser.‘“ Zwar habe Trump die politische Kultur Amerikas fast zerstört und ganz große Gruppen der Bevölkerung diskriminiert – dennoch „hat er vielen Leuten was gebracht“.
Souad Mekhennet fügte hinzu:
„Hätte Trump nicht so schlecht abgeschnitten mit seiner Covid-Politik und auch bei der ersten Debatte, hätte es sein können, dass er gewonnen hätte.“
Da wundert man sich wirklich – und das wäre vielleicht eine Erklärung, warum „Menschen gewissen Medien nicht mehr vertrauen“: Wieso haben diese Medien Trump all die Jahre nur als einen Rüpel geschildert, der bloß Demokratie zerstört und politisch unkorrektes Zeug redet? Warum wurde zum Beispiel diese Daniela Schwarzer oder jemand sonst nicht zu den Polit-Talks in den Öffentlich-Rechtlichen eingeladen, die auch über Trumps Leistungen erzählt hätten?
Apropos Covid-Politik: Ausgerechnet vom resoluten Trump-Kritiker Karl Lauterbach (SPD) las man jüngst das höchste Lob für den US-Präsidenten:
„Ohne massive Milliarden-Unterstützung von Moderna durch Trump hätte es diesen Impfstoff jetzt kaum schon gegeben“, twitterte der notorische Corona-Warner vor einigen Tagen. Mit diesem Lob wurde aber der sonst so aktiv zitierte SPD-Gesundheitsexperte von den Medien kaum erwähnt.
Im Unterschied zu Trump – vor einem Joe Biden „ist es wirklich unmöglich, Angst zu haben“, meinte Kleber, der den designierten US-Präsidenten als „diesen schläfrig wirkenden, älteren Herrn“ charakterisierte. Eine Rückkehr in die seligen Obama-Zeiten sei aber mit Biden nicht zu erwarten. „Er wird amerikanische Interessen härter vertreten, als es Barack Obama getan hat“, sagte Daniela Schwarzer voraus. „Joe Biden ist einer der härtesten Gegner von Nord Stream 2“, konkretisierte Gabriel, den die Moderatorin als „den großen Fan“ der Pipeline bezeichnete. Da werde eine solidarische Haltung Europas erforderlich sein, um das Projekt doch noch durchzusetzen.
Zum angekündigten Talk-Thema – „Wie gefährlich ist Trump noch?“ – wurde übrigens kaum gesprochen. Die frühere Panik, Trump würde Menschenmassen mobilisieren und sich im Weißen Haus verschanzen, ist weg. „Wenn Trump nun mit dem Gedanken spielt, nach Biden eventuell wieder anzutreten, dann wird er genau überlegen, wie er abtritt“, meinte Souad Mekhennet.
Und Kleber zitierte in diesem Zusammenhang einen Witz von George Bush senior: „Wenn sie dich aus der Stadt jagen, dann schnappe dir eine Fahne, gucke, dass du vorne dran bleibst – und dann sieht es aus wie eine Parade.“
Zusammenfassend: Schon wieder gelang es einer Talkshow nicht, wie eine richtige „Show“ zu wirken – es gab keinen Dissens und deshalb auch keine Dramatik. Da half auch die erneute Einladung eines Show-Masters wie Gottschalk wenig. Bleibt offen, ob es eine Absicht ist oder zunehmend ein echtes Problem der Öffentlich-Rechtlichen, dass zu einem politischen Talk immer seltener Gäste mit unterschiedlichen Standpunkten eingeladen werden. Und da braucht man sich nicht zu fragen, warum „Menschen gewissen Medien nicht mehr vertrauen“.