Autorius: RT deutsch Šaltinis: https://deutsch.rt.com/inland/... 2016-11-14 20:19:44, skaitė 963, komentavo 0
Die Spatzen pfeifen es bereits seit Längerem von den Dächern, doch nun kommt scheinbar Musik in die Frage nach der Privatisierung deutscher Autobahnen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble würde gerne, doch noch weigern sich unter anderem SPD und Grüne.
Die deutschen Autobahnen wurden und werden vom Steuerzahler finanziert und daher sollte man meinen, dass nichts verkauft werden kann, was einem nicht gehört. Doch da haben die Autofahrer die Rechnung offenbar ohne den Wirt gemacht, in diesem Fall Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Der möchte, dass bis zu 49,9 Prozent einer zu gründenden Infrastrukturgesellschaft veräußert werden können. Dies würde konkret bedeuten, dass Teile des deutschen Autobahnnetzes privatisiert würden.
Ein erster Schritt der dies ermöglichen würde, wurde bereits am 14. Oktober 2016 unternommen, denn an diesem Datum einigten sich die Regierungschefs von Bund und Ländern darauf, die Entscheidungsbefugnisse unter anderem für die Sanierung und den Bau von Autobahnen dem Bund zu übertragen. Dafür wiederum wurde die Gründung der erwähnten privatrechtlich organisierten Infrastrukturgesellschaft ins Auge gefasst. Während eine Privatisierung einzelner Straßen nicht vorgesehen ist, gilt dies nicht für die Beteiligung von Investoren an der Bau- und Betreibergesellschaft.
Noch liegt zwar kein entsprechender Gesetzentwurf vor, es ist jedoch seitens des Kabinetts vorgesehen, einen entsprechenden Entwurf noch möglichst dieses Jahr zu beschließen. Doch damit das Vorhaben ins Rollen kommt, müsste im Wahljahr 2017 nicht nur ein von Bundestag und Bundesrat abgesegnetes „Gründungsgesetz“ für die Gesellschaft her, sondern auch eine notwendige Grundgesetzänderung, da bis dato die Länder für den Bau, Betrieb und die Planung der Autobahnen verantwortlich zeichnen, wobei der Bund diese lediglich bezahlt. Dies ist entsprechend im Artikel 90 des Grundgesetzes geregelt.
Mit seinen Plänen trat Schäuble derweil einen Sturm der Entrüstung los. So sagte etwa Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel:
Es wird keine Privatisierung geben.
Das klingt nach entschlossener „Basta-Politik“, doch wie die Vergangenheit lehrt, ist ob absoluter Aussagen von Politikern Vorsicht angebracht.
Die entscheidende Frage lautet derweil, ob sich an der Infrastrukturgesellschaft auch private Investoren beteiligen können, oder ob diese etwa in öffentlich-rechtlicher Form zu gründen sei. Für Letzteres setzt sich die SPD ein und führt das Argument ins Feld, dass auch auf diese Weise, etwa durch die Ausgabe von Anleihen, zusätzliches Geld am Kapitalmarkt aufgenommen werden könnte.
An diesem Punkt scheiden sich selbst innerhalb der Union aktuell die Geister. So teilt Ingbert Liebing, Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU zwar die Ansicht, dass erhebliche Investitionen in das deutsche Autobahnnetz notwendig seien, doch „Privatisierungen sind dafür nicht nötig“, ließ Liebing wissen.
Die Grünen können einer möglichen Teilprivatisierung des Autobahnnetzes einstweilen grundsätzlich nichts Positives abgewinnen, da dies auf Kosten der Autofahrer gehen würde. Fraktionsvize Oliver Krischer ist denn auch folgender Ansicht:
Die Steuerzahler haben die Autobahnen schon einmal bezahlt.
In Anbetracht einer möglichen Teilprivatisierung von bis 49,9 Prozent, eröffnen sich jedoch weitere Fragen. So unter anderem, wer für ein teilprivatisiertes Autobahnnetz zahlt, sobald private Investoren in das Geschäft einsteigen. Sicherlich kommt an dieser Stelle die von Verkehrsminister Alexander Dobrindt geplante Autobahnmaut ins Spiel. Doch der Steuerzahler könnte bald auch unter anderem von der Versicherungsbranche zur Kasse gebeten werden.
So will der Versicherungskonzern „Ergo“ seine Investitionen in Infrastrukturprojekte in den kommenden Jahren verzehnfachen. Auch der Versicherer „Allianz“ hat bereits verkünden lassen, dass es durchaus im Bereich des Möglichen läge, Geld in die Hand zu nehmen um auch in Deutschland zukünftig in Infrastrukturprojekte zu investieren. Dieses Bestreben verwundert im Grunde nicht, denn durch die „Nullzins-Phase“ erwirtschaften die Versicherer bereits seit Jahren keine zuverlässigen Renditen mehr. Hier kommen Investitionen in Form sogenannter PPPs (Public Private Partnerships) in langfristig attraktive Renditen versprechende Infrastrukturprojekte, wie etwa Autobahnen, nicht ungelegen.
So könnte es durchaus sein, dass deutsche Versicherungskonzerne und auch Banken in Autobahnen investieren und sich die lukrativen Renditen vom Steuerzahler bezahlen lassen. Vor allem für die Grünen käme dies offensichtlich einer finanzpolitischen Geisterfahrt gleich. Grünen-Vize-Fraktionschef Oliver Krischer erklärte dazu:
Wir wollen nicht, dass Autobahnen zu profitorientierten Anlageobjekten für Banken und Versicherungen werden auf Kosten von Autofahrern.
Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg, ließ in etwas abgemildeter Form wissen:
Ich persönlich sehe keine Notwendigkeit, private Unternehmen an der Bundesautobahngesellschaft zu beteiligen.
Die Kommentare lassen erahnen, dass die Thematik der Teilprivatisierung deutscher Autobahnnetze noch viel Spielraum für politische Manöver und Debatten im kommenden Wahljahr bietet.
Nach China, den USA und Spanien, verfügt Deutschland mit 12.879 Kilometern über das weltweit umfangreichste Autobahnstreckennetz. Die A7 ist mit 962,2 Kilometern die längste Autobahn Deutschlands und die längste durchgehende nationale Autobahn Europas. Sie führt von Ellund an der dänischen, bis nach Füssen an der österreichischen Grenze.