Autorius: RT deutsch Šaltinis: https://deutsch.rt.com/inland/... 2020-02-05 12:27:58, skaitė 772, komentavo 0
Gepökelter Krustenbraten um die Hälfte heruntergesetzt, zwei Kilo Hähnchenschenkel für 3,99 Euro: Im Konkurrenzkampf um die Kunden locken Supermärkte regelmäßig mit Schnäppchenaktionen für Lebensmittel. Das bringt nicht nur die Bauern in Rage, die seit Monaten mit Traktoren protestieren – gegen neue Auflagen und Kosten beim Umwelt- und Tierschutz, aber auch für mehr Wertschätzung für sich und ihre Produkte.
So hatten erst jüngst etwa 200 Traktoren das Edeka-Zentrallager Nordwest in Neuenkruge in Niedersachsen blockiert, aus Protest wegen einer Reklame des Lebensmittelhändlers. Aufgebrachte Landwirte bezeichneten den Werbespruch "Essen hat einen Preis verdient: den niedrigsten" als "Schlag ins Gesicht".
/Die Bundesregierung hat das Brodeln aufgenommen. Nach einem "Agrargipfel" im Dezember vergangenen Jahres lud Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag Vertreter von Handel und Ernährungsindustrie zu sich und platzierte einen mahnenden Appell für Fairness und regionale Produktion. In Preise eingreifen will der Staat jedoch aber nicht.
Wir haben ein gemeinsames Interesse an einer starken regionalen Versorgung unserer Bevölkerung mit einheimischen Produkten", sagte Merkel bei einem Treffen im Kanzleramt.
Dabei ziele die Politik nicht auf staatlich verordnete Mindestpreise, aber auf "faire Beziehungen" zwischen den Akteuren auf dem Markt. Eine EU-Richtlinie gegen Praktiken, mit denen Händler kleinere Lieferanten bisher oft unter Druck setzen, soll schnell umgesetzt werden.
Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl kontrollieren 85 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland
Neue Gesetze seien, wie zu erwarten, nicht beschlossen worden, sagte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) nach der Runde. Sie nannte aber einige Punkte, mit denen es weitergehen soll. Da ist ein gemeinsames Treffen mit Landwirtschaft und Handel. Supermärkte wollten regionale Angebote ausbauen. In einer "Beschwerdestelle" sollen Erzeuger Fälle unfairer Praktiken melden können. Denn bisher bekämen Gemüsebauern schon mal morgens ein Fax, dass es statt 30 am Vorabend bestellter Paletten Kopfsalat nur noch 15 sein sollen. Um so etwas zu stoppen, soll eine entsprechende EU-Richtlinie rasch umgesetzt werden, sagte Klöckner. Lieferanten dürften auch nicht monatelang auf Geld warten.
Die führenden Händler – Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl – kontrollieren nach Angaben des Bundeskartellamtes zusammen mehr als 85 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland. Das gibt den "großen Vier" eine gewaltige Einkaufsmacht. Wer bei ihnen nicht gelistet ist, hat es schwer. Klöckner sprach von einem Verhältnis wie bei David gegen Goliath:
So fühlen sich aktuell Erzeuger, wenn sie mit dem Handel verhandeln – Augenhöhe ist nicht gegeben.
Das schlage sich auch in den Preisen nieder. Allerdings wies Kanzlerin Merkel auch darauf hin, dass Supermärkte meist nicht direkt mit den Bauern in Kontakt stünden. Auch Verarbeiter für Fleisch oder Milch seien angesprochen.
Warnung vor Dauertiefstpreisen – Appell für mehr Wertschätzung für Lebensmittel
Bei Preisverhandlungen wird oft mit harten Bandagen gekämpft. Das kann bis zum vorübergehenden Boykott bestimmter Produkte gehen, um Lieferanten unter Druck zu setzen. Das bekamen in den vergangenen Jahren sogar bekannte große Markenhersteller wie Nestlé oder Coca-Cola zu spüren. Dabei sind ihre Produkte für den Handel deutlich schwerer zu ersetzen als Angebote von Bauern und anderen kleineren Anbietern.
Ein Preisdruck des Handels zulasten von Tierschutz- und Umweltstandards ist nicht im Interesse der Verbraucher", sagte auch der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller.
Klöckner warnt vor Dauertiefstpreisen. Wertschätzung könne nicht entstehen, wenn Fleisch, Obst und Gemüse teils verramscht würden. "Im Gegenteil: Man gewöhnt sich daran, der Handel erzieht sich seine Verbraucher", so die Agrarministerin. Leidtragende am Ende der Kette seien die Bauern, denen weniger bleibe, selbst wenn sie höhere Standards liefern müssten.
Von einem Euro, den Verbraucher für Nahrung zahlen, kommen beim Erzeuger im Schnitt noch knapp 21 Cent an, wie das Thünen-Forschungsinstitut nach Daten für 2018 ermittelte. Vor 20 Jahren waren es mehr als 25 Cent. Der Tierschutzbund forderte, nicht allein den Handel in den Preis-Blick zu nehmen, sondern etwa auch Schnellrestaurantketten.
Die Branche fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Der Handelsverband Deutschland (HDE) betonte vorab: "Lebensmittel werden hier nicht verschleudert." Deutschland liege bei Lebensmittelpreisen rund zwei Prozentpunkte über dem Schnitt der einst 28 EU-Staaten. Zudem gebe es "globale Preisabhängigkeiten", die man national gar nicht steuern könne. Rewe-Chef Lionel Souque erinnerte auch daran, dass hierzulande rund 13 Millionen Menschen in Armut oder an der Armutsgrenze lebten.
Günstige Lebensmittelpreise ermöglichen diesen Menschen eine gesunde und sichere Ernährung", sagte der Rewe-Chef.
Er betonte zugleich, es sei gut und richtig, über mehr Wertschätzung von Lebensmitteln zu reden. Nach dem Treffen sprach er von einem "offenen und kritischen Dialog". Er habe zugesagt, die direkte Zusammenarbeit mit kleinen Lieferanten und Erzeugergemeinschaften weiter auszubauen.
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/(rt/dpa)
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