Autorius: Gero Bernhardt Šaltinis: https://www.compact-online.de/... 2020-04-02 07:42:00, skaitė 1058, komentavo 0
Heute vor 75 Jahren überquerten Soldaten der 1. französischen Armee unter Leitung des General Jean de Lattre de Tassigny den Rhein nördlich von Karlsruhe. Doch für viele Frauen bedeutete dies in den darauffolgenden Tagen und Wochen nicht wirklich eine Befreiung, denn der Vorstoß ging mit etlichen Vergewaltigungen einher. Ein Auszug aus COMPACT-Geschichte Nr. 8 „Verbrechen an Deutschen – Vertreibung, Bombenterror, Massenvergewaltigungen“.
_ von Gero Bernhardt
Nicht nur Soldaten der Roten Armee, auch Angehörige der Truppen der Westalliierten haben sich sexueller Gewalt an deutschen Frauen schuldig gemacht. Vor allem Franzosen und Amerikaner haben Schande auf sich geladen. Der französische General Jean de Lattre de Tassigny hatte am 5. April 1945 als Direktive an seine auf deutschen Boden vorstoßenden Truppen ausgegeben, sie mögen «einen natürlichen Hass gegen den grausamen Feind unserer Freiheit und unserer Kultur, einen legitimen Hass gegen eine Nation, die gierig ist, die Welt zu unterwerfen», nicht zurückhalten.
Wie dies aussah, beschreibt der Historiker Heinz Nawratil in seinem Buch Die deutschen Nachkriegsverluste unter Vertriebenen, Gefangenen und Verschleppten wie folgt: «In einigen Orten Südwestdeutschlands kam es bei und nach dem Einmarsch französischer Truppenteile im April und Mai 1945 zu Vergewaltigungen, Brandstiftungen, willkürlichen Erschießungen und dergleichen.» Als Beispiel beschreibt er unter anderem das besonders harte Schicksal einer südwestdeutschen Kommune in der Zeit vom 15. bis zum 17. April 1945: «Im württembergischen Freudenstadt errichtete das französische Militär ein wahres Schreckensregiment, nachdem es den unverteidigten Kurort fast vollständig zerstört hatte.
Die ersten Tage der französischen Besatzungszeit in Freudenstadt erinnerten an die berüchtigten Exzesse französisch-marokkanischer Truppen im Monte-Cassino-Gebiet [In Italien hatte der französische General Juin seinen Truppen für 50 Stunden freie Hand für sexuelle Übergriffe und Plünderungen gegeben, was zu einer blutigen Orgie der Gewalt führte] und sind mit dem Einmarsch der Roten Armee in Ostdeutschland verglichen worden.» In der amtlichen Sammlung Dokumente deutscher Kriegsschäden befindet sich ein Augenzeugenbericht über die Vorgänge in Freudenstadt, in dem es heißt: «Weiße Franzosen, Fremdenlegionäre, Marokkaner und Algerier besetzten die Stadt. (…) Es wurde drei Tage lang gemordet, geplündert, vergewaltigt und Häuser angezündet. Frauen von 16 bis 80 Jahren waren Freiwild; Väter und Mütter, die sich schützend vor ihre Angehörigen stellten, wurden niedergeschossen; die Schreie der gequälten Menschen hallten durch die Nächte. Circa 800 geschändete Frauen meldeten sich zur ärztlichen Untersuchung im Krankenhaus.»
Terror der Kolonialtruppen
Auf diese Weise erwarben sich die Franzosen den schlechtesten Ruf unter den Westalliierten, vor allem wegen ihrer marokkanischen, algerischen und tunesischen Truppenteile. Bei diesen «kam hinzu, dass sie sie zwar immer ganz vorne an der Front eingesetzt wurden und die höchsten Verluste zu beklagen hatten, aber dennoch nur als französische Soldaten zweiter Klasse angesehen wurden. Jetzt waren sie erschöpft und ausgehungert – und so begannen viele, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen», schreibt die Stuttgarter Zeitung mit Blick auf den Jahrestag der Eroberung der Stadt am 18. April 2015. Unter Berufung auf eine Studie des französischen Historikers Marc Hillel geht der Deutschlandfunk von 1.200 vergewaltigten Frauen allein im Stuttgarter Raum aus, wobei das jüngste bekannte Opfer 14, das älteste 74 gewesen sei. In Konstanz sei es zu 400 sexuellen Übergriffen gekommen, in Freudenstadt zu 500.
Alarmiert von solchen Nachrichten, prangerte US-Senator James O. Eastland die Massenvergewaltigungen in Südwestdeutschland, verübt von den französischen Verbündeten der Amerikaner, im Juni 1945 in Washington öffentlich an. Er sprach sogar von 5.000 Frauen und Mädchen, die von französischen Soldaten aus afrikanischen Kolonien in Stuttgart und Umgebung brutal vergewaltigt worden seien. Eastland war damit überhaupt der erste Politiker auf alliierter Seite, der nach Ende des Zweiten Weltkrieges Sexualverbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung zur Sprache brachte. Der Senator beschuldigte die US-Armeeführung, die Untaten der französischen Verbündeten zu vertuschen. Wörtlich erklärte er im Kongress: «Wenn wir Soldaten ausrüsten und ihnen unter amerikanischem Oberbefehl die Macht über Frauen und Kinder geben, dann ist es unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass Ordnung aufrechterhalten wird und es nicht zu Räubereien, Morden und Angriffen auf Frauen kommt, wie sie sich zweifellos in Stuttgart zugetragen haben.» Eastlands Protest schlossen sich die Senatoren Wheeler, McClellan, Revercomb und Maybank an.
Von einem französischen Versuch, Vergewaltigungsverbrechen aus den eigenen Reihen zu verhindern, berichtet die von Wolfgang Sannwald herausgegebene Dokumentation über das Kriegsende im Landkreis Tübingen: Am Abend des 23. April 1945 zog der französische Ortskommandant die Frauen und Mädchen von Belsen im Schulgebäude zusammen und ließ einen Doppelposten davor stellen, um sie vor marodierenden Afrikanern in französischen Diensten zu schützen. Die Truppe war allerdings kaum abgezogen, da überfielen in den Nächten vom 26. bis zum 29. April Marokkaner das Dorf erneut, wobei etwa 20 Frauen und Mädchen vergewaltigt wurden.
Lindbergh klagt an
Doch nicht nur französische Truppen machten sich sexueller Übergriffe schuldig, auch amerikanische GIs vergingen sich vielfach an Frauen. Am 19. Mai 1945 vertraute Amerikas Fliegerheld Charles Lindbergh seinem Kriegstagebuch über die Zustände im besetzten Deutschland an: «Daheim bringen unsere Zeitungen Artikel, wie wir unterdrückte Länder und Völker ”befreien”. Hier verstehen unsere Soldaten unter dem Ausdruck ”befreien” so viel wie sich Beute verschaffen. Alles, was man einer feindlichen Person abnimmt oder aus einem Hause trägt, wird der Sprache der Gls zufolge ”befreit”. Leicas werden ”befreit”, Waffen, Proviant, Kunstwerke, einfach alles. Ein Soldat, der eine Deutsche vergewaltigt hat, hat sie ”befreit”.»
Die Historikerin Miriam Gebhardt hat in ihrem Buch Als die Soldaten kamen versucht, die Zahl der sexuellen Übergriffe durch amerikanische Besatzungssoldaten über die 1945 geborenen Vergewaltigungskinder zu errechnen. Dafür hat sie zahlreiche Quellen ausgewertet, die zeigen, dass amerikanische Soldaten keinesfalls nur Schokolade brachten und von «Frolleins» bereitwillig umschwärmt wurden. Bei vielen, aber nicht allen Schilderungen ist von farbigen Soldaten als Tätern die Rede. «Es gibt tatsächlich für alle bundesdeutschen Länder Zahlen von Kindern, die durch Vergewaltigung gezeugt worden sind und auch mit der Nationalität der Väter. Und man weiß allgemein, dass ungefähr bei jeder hundertsten Vergewaltigung ein Kind zur Welt kommt.»
Aus diesen Angaben kommt die Autorin auf 190.000 sexuelle Übergriffe allein durch GIs und 860.000 Vergewaltigungen insgesamt in Deutschland – was bedeuten würde, dass es im Westen genauso viele Vergewaltigungen gegeben hätte wie im Osten. Dabei geht sie allerdings von auffallend weniger russischen Taten aus als ihre Fachkollegen. Die genaue Zahl wird sich vermutlich nie ermitteln lassen. Gebhardts Verdienst ist, wie die Welt am 2. März 2018 schreibt, «viele bislang wenig beachtete Quellen ausgewertet zu haben». Auch der Spiegel (22. Februar 2018) erkennt die Leistung an, vergessenen Frauen eine Stimme zu geben: «Miriam Gebhardt weist auch darauf hin, dass bis heute nichts an die Opfer erinnere. In der Tat haben zwar so unterschiedliche Gruppen wie die Gesellschaft für Bedrohte Völker und die Berliner CDU (…) einen Erinnerungsort für die zum Kriegsende vergewaltigten Frauen gefordert, aber geschehen ist nichts.» (…) Ende des Auszugs.
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