Autorius: Von Viktor Marachowski Šaltinis: https://de.sputniknews.com/kom... 2020-06-02 12:25:00, skaitė 949, komentavo 0
Donald Trump und der Nachrichtensender „CNN“ pflegen zueinander ein Verhältnis, das im Großen und Ganzen schlimmer ist als das Verhältnis von, sagen wir, Iran und Israel. 2016 unternahm der Nachrichtensender, der weltweit zu den größten zählt, alles, um die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten zu verhindern. Der trotzdem gewählte Präsident macht wiederrum keinen Hehl aus seinem Gegenhass für den Sender, den er nicht anders nennt als „Fake News-CNN“. Über schlechte Einschaltquoten von „CNN“ freut sich Trump in aller Offenheit. Und wenn eine Meute wie jetzt bei den Ausschreitungen das CNN-Hauptquartier in Atlanta verwüstet, darüber freut sich Trump auch. „Ironisch“ sei es, twittert der Präsident, dass die aufgebrachte Menge ausgerechnet den Sender demoliere, der deren Proteste unterstütze und rechtfertige. Ausgerechnet vor dem 40. Geburtstag von „CNN“.
Es war eine Sensation, als der junge und skrupellose Medienmogul Ted Turner vor 40 Jahren einen Dienst startete, der die Zuschauerhirne verkabelte und in einer 24/7-Schleife mit Nachrichten versorgte. Geradezu revolutionär war das – ein Ausblick auf die Onlinewelt, in der wir uns heute Tag und Nacht bewegen. Und noch heute ist dieser Fernsehkanal wie damals bei der Gründung: Amerika in seiner schärfsten Form.
Amerika vor 40 Jahren war der Inbegriff dessen, was das 20. Jahrhundert ausmachte: klassisch gebildet und zutiefst religiös, liberal und technokratisch, talentiert und erfinderisch – und räuberisch. „CNN“ wurde zum mächtigsten Werkzeug dieses Amerikas. Wie mächtig dieses Werkzeug war, wurde im elften Jahr nach der „CNN“-Gründung in aller Klarheit deutlich, als die ganze Welt eine ungeheure Show mit dem Titel „Krieg am Golf“ verfolgte, live am TV-Gerät. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit fegten hochtechnologisch in Szene gesetzte hochtechnologische Kampfjets der US Air Force eine der stärksten Armeen Eurasiens hinweg als wäre sie ein Haufen Pappkameraden.
Die Bilder verfehlten ihre Wirkung nicht: Ganze Generationen von Erdbewohnern verinnerlichten damals die Überzeugung, die Vereinigten Staaten von Amerika seien eine unbesiegbare und unaufhaltsame Macht, der übrigen Menschheit Lichtjahre voraus. Diese übrige Menschheit könne auch gar nichts anderes mehr tun als den USA gehorsam zu folgen, auf deren Wohlwollen zu hoffen und sie nicht zu verärgern.
Als kurz darauf auch noch die Sowjetunion vom Globus verschwand und manche ihrer Splitter den USA die Treue schworen, war es wie ein Happy End des amerikanischen 20. Jahrhunderts. Jedenfalls glaubten die Vereinigten Staaten an ihr persönliches Happy End: dass die Weltgeschichte in der US-Dominanz ihren Abschluss erreicht habe und nunmehr nichts anderes folge. Ein Irrtum, der Opfer forderte.
„CNN“, Hollywood und im neuen Jahrtausend auch Facebook und Twitter sind Opfer dieses Irrtums geworden. Nachdem in den folgenden Jahren mehrere Länder aufgrund falscher Behauptungen in einer Serie erfolgreicher „Twitter-Revolutionen“ mit massiver medialer Schützenhilfe hingerichtet worden waren, verfestigte sich in den USA endgültig der Glaube, es gebe keine andere Wirklichkeit mehr außer der, welche amerikanische Technologen in die Publikumshirne einhämmerten. Ein Streamer mit einer guten Kamera – von Facebook gepusht, vom US-Außenministerium gedeckt und von amerikanischen Bombern gestärkt – ist zur ultimativen Superwaffe geworden.
Selbst die US-Diplomatie scheint dem Irrtum verfallen zu sein: Statt Kompromisssuchern und Verhandlungsmeistern liefert die amerikanische Botschafterschule, wie ein Kenner des diplomatischen Betriebs sagte, „hochdotierte Feldjäger, die nur Handlungsanweisungen von sich geben, die es nicht zu hinterfragen gelte“, und die meinten, man müsse dort, wo man mit Druck nicht weiterkomme, nur den Druck erhöhen, um weiterzukommen.
Die Wirklichkeit rächt sich inzwischen an den Vereinigten Staaten für diesen Irrtum. Sie beweist, dass sie nach wie vor existiert. Diese Stunde der Wahrheit brach 2016 über „CNN“ als Apokalypse herein. In dem Jahr gewann Donald Trump entgegen der medialen Übermacht des Clinton-Lagers (das Präsenzverhältnis in den Medien betrug 15 zu 85 zugunsten Clintons) die Präsidentschaftswahl. Für die Kreise, die landläufig als amerikanischer Deep-State bezeichnet werden, war diese Niederlage mehr als nur der Sieg eines unerwünschten Kandidaten. Es war ein Schlag gegen die Epoche des Happy End, gegen die Idee der gelenkten Realität, gegen die Überzeugung von der schier unerschütterlichen Übermacht der Meinungsmacher wie „CNN“ und „New York Times“.
Dass der Deep-State sich von seinem Glauben an die Lenkbarkeit der Wirklichkeit immer noch nicht hat lösen können, ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, warum er an dem Märchen festhält, die Russen hätten die amerikanische Wirklichkeit irgendwie verdorben. Die Russen hätten die Steuerung der gelenkten Realität gehackt und seitdem funktioniere sie nicht richtig. Wie der Zufall es will, ist „CNN“ der größte Verbreiter dieses Märchens.
Derweil steigen über 30 amerikanischen Großstädten schwarze Rauchwolken auf: Es wird gewütet. Im ganzen Land sind an die 40.000.000 Arbeitslose unterwegs (Experten sagen, der Höhepunkt sei damit noch nicht erreicht) – mit allen Folgen, die sich daraus ergeben. Wohin kann sich in dieser Lage das Verhältnis von gelenkter und echter Wirklichkeit entwickeln? Es steht zu vermuten, dass es in den USA weitergehen wird wie bisher: Die Gesellschaft – auseinandergebrochen, das Land – zersplittert in viele postapokalyptische Gegenden und wenige Inseln des Wohlstands. Mancherorts werden Riesenbudgets für Blockbuster und Medienwelten verpulvert, andernorts reicht es nur für einen Teller Sojabrühe am Tag.