Autorius: Paul Soldan Šaltinis: https://www.anonymousnews.org/... 2022-01-15 00:39:00, skaitė 804, komentavo 0
Hamburg erlebte die bisher größte Demonstration gegen die Corona-Politik und Impfpflicht.
von Paul Soldan
300.000 Demonstrierende bei 1.500 regierungskritischen Umzügen – das sind die offiziellen Zahlen der deutschen Polizeibehörden zu den landesweiten Protesten am Montag. Wir haben bei den Innenministerien der Bundesländer nachgefragt und die Zahlen nun erstmals zusammengestellt. Bundesregierung und große Medien vermieden es bislang, die Gesamtzahlen zu den Protesten zu melden. Im Vergleich zur Vorwoche weiteten sich die Demonstrationen sowohl in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz als auch in Thüringen und Mecklenburg-Vormpommern weiter aus. Immer noch fehlen Dialogveranstaltungen und runde Tische seitens der Städte.
Neben den Montagsdemonstrationen haben auch die Versammlungen unter der Woche sowie am Wochenende immer größeren Zulauf. Die stärksten Proteste fanden am Samstag in Hamburg, Frankfurt am Main und Freiburg sowie am Sonntag in Saarbrücken statt.
In Hamburg liefen am Samstag rund 14.000 Teilnehmer, laut Polizei „zum deutlich überwiegenden Anteil aus dem bürgerlichen Spektrum“, durch die Innenstadt (Video). Motto: „Das Maß ist voll – Hände weg von unseren Kindern“. 700 Polizisten waren vor Ort. In Frankfurt am Main protestierten laut Polizei 8.000 Menschen. Die Initiative „Protest Hessen“ geht gegenüber der Redaktion von 12.000 Teilnehmern aus. In Freiburg demonstrierten rund 6.000 Bürger, darunter Unternehmer, Eltern mit Kindern und Krankenhausmitarbeiter, wie der SWR berichtet. In Saarbrücken zogen am Sonntag gleichfalls 6.000 Menschen durch die Stadt, ebenso viele in Düsseldorf.
In Magdeburg waren es laut Polizei 5.000, die unangemeldet und „überwiegend störungsfrei“ stundenlang durch die Stadt zogen und damit „gegen das Versammlungsgesetz“ verstießen. Jeweils mehr als 2.000 Menschen gingen am Wochenende außerdem in Ansbach, Regensburg, Augsburg und Wetzlar auf die Straße.
Bereits am Mittwoch vergangener Woche protestierten zudem rund 3.000 Menschen in der Münchener Innenstadt, außerdem 1.000 in Fürth unter dem Motto „Gesundheit in eigener Verantwortung“. In Wolgast waren am Mittwoch 1.700 Teilnehmer vor Ort, ebenso viele am Donnerstag auch in Lübeck sowie in Kiel, wo viele sich Lichterketten um Kopf und Hals gelegt hatten oder beleuchtete Peace-Symbole und Sterne in die Luft hielten.
Die Angaben zu den Teilnehmerzahlen gehen teils auseinander. Der Lübecker Veranstalter sprach von mehr als 3.000 Protestierenden und in Wolgast schätzten zwei Nordkurier-Reporter vor Ort die Teilnehmerzahl auf deutlich über 2.000. Gegenüber der Redaktion gab das Wolgaster Orga-Team an, dass nach eigener Rasterzählung 3.800 Teilnehmer an der dortigen Demonstration (Video) teilgenommen hätten.
Auch am zweiten Montag des neuen Jahres gingen wieder Hunderttausende Menschen auf die Straße. Nach offiziellen Angaben kam es zu den größten Protesten in Rostock (Video) und Nürnberg (jeweils 4.000 Teilnehmer), Cottbus (3.000), Schwerin, Paderborn, Bamberg, Halle (jeweils 2.500), Gera, Augsburg (jeweils 2.000), Gummersbach, Neubrandenburg, Magdeburg, Wittenberg (jeweils 1.800). In Bayreuth sollen es 1.500 Demonstrierende gewesen sein, gegenüber der Redaktion schätzten Mitglieder des Orga-Teams die Teilnehmerzahl auf 1.800.
Aus nahezu allen Bundesländern liegen offizielle Gesamtzahlen vor, die die Redaktion bei den Innenministerien oder Polizeidirektionen der einzelnen Bundesländer abgefragt hat – sofern sie, wie in einigen Fällen, nicht schon in der Presse veröffentlicht sind. Demnach demonstrierten am Montag in:
Deutschlandweit sind damit am 10. Januar 299.000 Menschen bei 1.590 Demonstrationen auf die Straße gegangen. Bezogen auf die Einwohnerzahl ist der Protest am stärksten in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen, wo am Montag jeweils etwa ein Prozent der Bevölkerung demonstrierten.
Schon Ende Dezember waren Tausende Menschen in Saarbrücken auf die Straße gegangen, um gegen die Corona-Politik zu demonstrieren. Am Sonntag kamen erneut rund 6.000 Menschen zu einer friedlich verlaufenden Demonstration gegen eine Zweiklassengesellschaft und die Impfpflicht zusammen. Zu Störungen kam es laut Polizei nicht. Ebenso wenig waren Medienberichten zufolge gewaltbereite Menschen vor Ort. Die Demonstrierenden repräsentierten „eher einen Querschnitt durch die saarländische Bevölkerung“, so der Saarländische Rundfunk.
„Die Stimmung war sensationell gut“, erklärte die Versammlungsleiterin Saskia Varga gegenüber der Redaktion. Mit vielen Trommlern und Pfeifen hätten die Menschen für Stimmung gesorgt: „Alle waren friedlich und gut gelaunt.“ Verschiedene Redebeiträge hätten zum einen eine „freie Impfentscheidung für alle“ und die Kinderimpfung thematisiert, so Varga, zum anderen sei über Liebe und Zusammenhalt gesprochen worden sowie über die „Zerstörung von Beziehungen“ innerhalb von Familien, Freunden und Kollegen. Ihrer Schätzung zufolge nahmen 8.000 Menschen teil (Video).
Nichtangemeldete Versammlungen, wie etwa in Augsburg, Magdeburg, Ulm oder im niederbayerischen Deggendorf, wo die Polizei einen Spaziergang aufgelöst hat, nehmen zu. Die Versammlungsauflagen und -beschränkungen der Bundesländer gehen dabei weit auseinander.
Am restriktivsten sind sie in Sachsen, wo sich seit dem 22. November lediglich 10 Teilnehmer ortsfest – sprich, rein stationär, ohne weitere Aufzüge – versammeln dürfen. Noch am Mittwoch hatte der Sächsische Landtag die Aufhebung aller Beschränkungen für Versammlungen abgelehnt, die AfD blieb mit einem entsprechenden Antrag isoliert. Jörg Urban, AfD-Fraktionschef, warf der Landesregierung vor, den öffentlichen Protest zu kriminalisieren. Zum 15. Januar greift eine Erhöhung der Teilnehmerzahlen. Wird die „Überlastungsstufe“ unterschritten, seien Versammlungen mit Demonstrationszügen bis 1.000 Personen erlaubt, ansonsten seien „200 Demonstranten ortsfest“ erlaubt, so die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD).
In Brandenburg sind Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel mit bis zu 1.000 Teilnehmenden zulässig.Eine solche Teilnehmerbegrenzung gilt in Bayern aktuell nicht. Jedoch können dort Kommunen und Städte per „vorab bekanntgegebenen Allgemeinverfügungen“ konkrete Versammlungen trotzdem einschränken. Unter anderem hatte die Stadt Würzburg zuletzt jegliche Aufzüge verboten und – „vorerst befristet bis zum 9. Januar“ – nur ortsfeste Kundgebungen mit maximal 250 Teilnehmenden erlaubt. Auch im Landkreis Deggendorf sind Versammlungen unter freiem Himmel derzeit – zunächst befristet bis zum 12. Januar – nur ortsfest gestattet. Dort wurde am Samstag eine unangemeldete Versammlung, aus der sich im weiteren Verlauf ein Spaziergang entwickelte, von der Polizei aufgelöst.
In Baden-Württemberg gelten ebenfalls Einschränkungen. In der Stuttgarter Innenstadt beispielsweise sind zunächst bis Ende Januar alle „unangemeldeten als ‚Spaziergänge‘ deklarierten Demonstrationen untersagt“. Auch die Stadt Bruchsal hatte zuvor ein entsprechendes Verbot verkündet, wie auch die Stadt Freiburg. Dort wurden am Freitag per Allgemeinverfügung „sogenannte Montagsspaziergänge“ untersagt, „sofern sie nicht angemeldet wurden“. Es bleibt die Frage, ob Beschränkungen der Teilnehmerzahlen und Verbote nicht automatisch zu einer Zunahme nichtangemeldeter Versammlungen führen – und ob das seitens der Städte und Landesregierungen so erwünscht ist.
Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, erklärte in der vergangenen Woche, dass eine unangemeldete Versammlung „nicht automatisch illegal“ sei. „Selbst wenn bei Versammlungen gegen Auflagen verstoßen wird, steht nicht die Auflösung im Vordergrund“, so Wendt. „Ein standardisiertes Einschreiten wäre nicht nur taktisch falsch, sondern sicher auch rechtswidrig.“ Wendt erwartet eine Zunahme der Corona-Proteste. Viele Menschen „sehen ihre Grundrechte und die Demokratie insgesamt in Gefahr und gehen deshalb auf die Straße“. Darauf angesprochen, dass auch Polizisten die Corona-Politik kritisch sehen und sich mitunter den Protesten anschließen würden, zeigte Wendt Verständnis für diese Beamten. Es gebe „keine Rechtsverpflichtung, mit der Corona-Politik der Regierung zufrieden zu sein“.
Vielerorts, wie unter anderem in Rostock, existiert schon lange die Forderung nach einem regelmäßig stattfindenden öffentlichen Bürgerdialog zur Corona-Politik. Unsere Redaktion hat bei den Städten mit dem größten Demonstrationsgeschehen der letzten Woche dazu nachgefragt.
Von der Pressestelle der Stadt Friedrichshafen gab es die Rückmeldung, dass bislang keine Anfrage nach einem solchen Bürgerdialog an die Stadt gerichtet worden wäre und ein solcher nicht geplant sei. Auch der Stadt Gera ist keine „konkrete Forderung nach einem zusätzlichen Format“ bekannt. Generell führe Oberbürgermeister Julian Vonarb regelmäßig einen von Corona unabhängigen digitalen Bürgerdialog durch, wo „das Thema allerdings regelmäßig aufgegriffen“ werde, so die Pressestelle der Stadt. Darüber hinaus gäbe es „wöchentliche Videobotschaften“.
Aus Düsseldorf heißt es, dass ein „spezielles Format, das sich ausschließlich an Teilnehmende an den Demonstrationen gegen die Coronaschutzmaßnahmen richtet“, nicht geplant sei. Oberbürgermeister Stephan Keller pflege „verschiedene digitale und analoge Formate, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und auf ihre Fragen einzugehen“ – unter anderem in den sozialen Netzwerken, so ein Sprecher.
Auch in Halle an der Saale konnte die Stadt bislang keine konkrete Forderung nach einem auf die Corona-Maßnahmen bezogenen Bürgerdialog seitens der Demonstranten erkennen. „Die Stadt informiert alle Einwohnerinnen und Einwohner zu diesem Thema umfassend, steht für Fragen zur Verfügung und appelliert zugleich immer wieder an die Einwohnerschaft, sich impfen zu lassen“, so die Pressestelle.
Die Stadt Saarbrücken verwies auf eine aktuelle Mitteilung, wonach Oberbürgermeister Uwe Conrad zu einer „Online-Sprechstunde für Impf-Skeptiker“ einlädt. Diese „steht interessierten Einzelpersonen offen“ und ist ausdrücklich „nicht für Repräsentanten von politischen Gruppierungen vorgesehen“. Der Dialog soll also nicht öffentlich geführt werden.
Die Bürgerinitiative „Oberhavel-steht-auf“ verwies gegenüber der Redaktion auf die monatlich stattfindende Stadtverordnetenversammlung der nördlich von Berlin gelegenen Stadt Hohen Neuendorf, bei der Bürger Fragen zu kommunalen Themen vorbringen können. Gelegentlich nutze die Bürgerinitiative die Versammlung für Corona-Fragen, so ein Vertreter. Einen konkreten Bürgerdialog zu den Corona-Maßnahmen gäbe es jedoch auch hier nicht.
In einem offenen Brief vom 7. Januar wendet sich das Bürgerbündnis „München steht auf“ nun direkt an Oberbürgermeister Dieter Reiter mit der Aufforderung „aktiv in den Dialog“ zu treten. Es sei „höchste Zeit“ mit allen politischen Akteuren der Stadt „an einem runden Tisch zusammenzufinden“. Auf Nachfrage der Redaktion dazu hat die Stadt München bislang noch nicht geantwortet.
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