Hamas schlimmer als SS? Lauterbach, Fleischhauer und Co. fischen in braunen Gewässern

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Hamas schlimmer als SS? Lauterbach, Fleischhauer und Co. fischen in braunen Gewässern

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (Archivbild)

Der britische Autor Douglas Murray trug eine bizarre Erzählung vor: Im Gegensatz zur Hamas hätten sich die Nazis angeblich für ihre Massenvernichtung von Juden geschämt. Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Focus-Journalist Jan Fleischhauer und andere teilten das Interview – und lobten es.

Von Susan Bonath 

Die "Ampel"-Koalition hat sich bekanntlich dem "Kampf gegen Rechtsextremismus" verschrieben. Die Schublade wird immer größer. Eine abweichende Meinung, öffentlich geäußert: Deckel auf, Staatsfeind rein, Justiz in Stellung gebracht. Doch all den Eifer, den sie dabei an den Tag legt, lässt sie in den eigenen Reihen vermissen. Wenn es nur gegen "die Richtigen" geht, gegen Russen zum Beispiel und nun auch gegen Araber, dann steht nicht nur Kriegsgeschrei auf dem Programm. Auch eine Holocaust-Relativierung ist dann kein Problem mehr.

Gelobtes Murray-Interview: SS habe sich wenigstens "geschämt"

Der britische Autor Douglas Murray, spezialisiert auf rassistische "Islamkritik", die das Level von Pegida noch übertrifft, hat die Herzen des Bundesministers für Gesundheit Karl Lauterbach (SPD) und anderer Politiker erobert, darunter das von Michael Blume, dem Antisemitismusbeauftragten in Baden-Württemberg, das von Veronika Grimm vom Sachverständigenrat für Wirtschaft der Bundesregierung und von Karin Prien (CDU), der Bildungsministerin von Schleswig-Holstein. Auch Jan Fleischhauer aus der Chefredaktion des Focus feierte auf der Plattform X (ehemals Twitter) ein Interview des konservativen TV-Moderators Piers Morgan mit Douglas Murray.

Dieses Interview hat es in sich. Die wesentliche Botschaft darin lautet: Die Hamas sei eigentlich noch viel schlimmer als die Nazis. Denn letztere, so lautet die Behauptung Murrays, hätten bei ihren Mordtaten zumindest "einige Scham" empfunden, während sich die Hamas damit sogar noch brüste. Murray meint, wörtlich übersetzt:

"Die SS-Bataillone, die tagein, tagaus Juden in den Kopf schossen und sie in Gräben warfen, mussten sich abends sehr, sehr betrinken, um zu vergessen, was sie getan hatten."

Lauterbach fand Interview "extrem sehenswert"

Freilich, hunderte Fotos und Dokumente aus der Nazizeit widerlegen auch das, sowohl bezüglich der Massenmorde an Juden als auch an Russen, Roma und Sinti, an Kommunisten und anderen Entmenschlichten. Gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) widersprachen selbst bürgerliche Historiker Murrays Äußerungen entschieden.

Lauterbach, Blume, Prien, Grimm und Fleischhauer sahen das ganz anders. Sie teilten das Murray-Interview auf der Plattform X und bejubelten es geradezu. Der Bundesgesundheitsminister nannte es "extrem sehenswert". Es werde "viel ausgesprochen, was sonst nur gedacht wird", lobte Lauterbach. Wohl vorsichtshalber verband er dies mit einer kleinen Distanzierung: Eigentlich solle man die Verbrechen von Nazis und Hamas ja nicht vergleichen. Vielleicht dachte er sich ja, einmal sei eben keinmal.

Voll des Lobes waren auch die Kieler Landesbildungsministerin Prien, die zum "Ansehen und zuhören" aufrief, und die Beraterin der Bundesregierung Grimm, die das Video "Wirklich großartig" fand. Als "großartig" beschrieb Murrays Ergüsse auch der Focus-Journalist Fleischhauer. So etwas sei "im deutschen TV undenkbar".

Empört über die Kritik

Während Lauterbach sein Posting sang- und klanglos wieder löschte, nachdem sich viele Nutzer darüber empört hatten, kommentierte Prien die Kritik ohne irgendein Gegenargument mit einem bloßen "Puh".

Grimm fühlt sich nun von "erschreckenden Unterstellungen" verfolgt.

Der baden-württembergische Antisemitismus-Beauftragte Blume sah sich nicht einmal veranlasst, sein Posting zu löschen.

Fleischhauer erklärte indes, er hätte wohl besser auf den Tweet verzichtet, "wenn ich geahnt hätte, welche Kreise das Interview ... ziehen würde".

Die Auseinandersetzung darum hält er demnach "für eine Verschwendung von Zeit und … eine Ablenkung von dem Thema, um das es wirklich gehen sollte: Wie wir zum Schutz von Juden in Europa und der Verteidigung unserer Werte stehen".

Fleischhauer behauptete, er teile gar nicht Murrays Ausführungen "zur Gemütslage deutscher Täter". Vergleiche mit dem "Dritten Reich" führten meistens in die Irre, darum sollte man sie vermeiden, erklärte er. Aber das sage er eben als Deutscher, nicht als Brite wie Murray. Anders ausgedrückt: Wenn Briten behaupten, deutsche Nazis hätten sich das Morden anders als die Hamas immerhin noch schöntrinken müssen und seien daher nicht ganz so schlimm gewesen, dann sei das doch schon ganz okay.

 "Abscheulich die Untaten der Nazis relativiert"

Es ist in der Tat schon etwas schräg: Da stützt sich in Deutschland die gesamte Antisemitismus-Debatte nicht grundlos vor allem auf die Nazi-Verbrechen, die die Judenverfolgung mit einer barbarischen industriellen Vernichtungsmaschine auf die absolute Spitze trieben. Nun dient die gleiche Debatte einigen Politikern und medialen Frontleuten auch noch dazu, diese Nazi-Verbrechen zu verharmlosen.

Denn das ultimative Böse heißt heute Islamismus, der – vom Westen rege mit gefördert – gern in rassistischer Manier pauschal allen Arabern, ja gleich allen Muslimen weltweit unterstellt wird. So zieht sich ein roter Faden durch die Berichterstattung über die israelischen Bombardements auf den Gazastreifen und zu deren Rechtfertigung: Alle Palästinenser sind gleich Hamas, Hamas ist gleich Erzfeind – egal ob Frau oder Mann, Greis oder Kleinkind, da sei es dann gerecht, drauflos zu bombardieren.

Der deutsch-palästinensische Dokumentarfilmer und Journalist Rashad Alhindi muss wohl auch mit solchen Ressentiments leben, denn seine Herkunft kann man schwerlich ablegen. Er sah es dann auch ganz anders, als die Relativierer in politischen und medialen Ämtern. Auf X schrieb er zum Posting von Michael Blume:

"Ein "Antisemitismusbeauftragter" relativiert hier abscheulich die Untaten der Nazis und belegt seine Behauptung mit Aussagen von Douglas Murray, einem bekannten Anhänger der rechtsextremen und antisemitischen Great-Replacement-Verschwörung, Fan von Pegida, EDL, Orban und Co."

EDL steht hier im Zusammenhang mit der antiislamischen English Defence League (Englische Verteidigungsliga), die sich aus der britischen Hooliganszene entwickelte und ebenfalls als rechtsextrem eingestuft wird. Mit "Great-Replacement-Verschwörung" meint Alhindi die in extrem rechten Kreisen präsente These einer angeblich von Eliten angestrebten "Rassenvermischung" zur Vernichtung der "Weißen" unter dem Label "großer Bevölkerungsaustausch".

Dass Murray diese von der Bundesregierung angeblich verabscheute Theorie in seinen Publikationen verbreitete, berichtete vergangenes Jahr zum Beispiel die britische Nachrichtenagentur für Berichterstattung aus dem Nahen und mittleren Osten Middle East Eye (MEE).

 Kampf "gegen rechts" entpuppt sich als Heuchelei

Eines zeigt die Debatte zumindest deutlich: Das Label "links", mit dem diese "Ampel", gewisse Mainstream-Medien und sogar die CDU heutzutage gern von Kritikern bedacht werden, passt im politischen Wortsinn genauso wenig, wie allerlei Selbstbetitelungen, die sich das Establishment gern umhängt, wie etwa Antifaschismus und Antirassismus zum Beispiel. Der von der "Ampel" zur Schau getragene "Kampf gegen Rechtsextremismus" erscheint wie pure Heuchelei.

Reale Handlungen führen diese Selbstbeweihräucherung des politisch-medialen Establishments ad absurdum: Uneingeschränkte Unterstützung einer rechtsextremen israelischen Regierung sowie der ukrainischen Neonazis, Beschlüsse von immer neuen Entrechtungsgesetzen für Asylsuchende und Arbeitsmigranten, milliardenschwere Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, gigantische militärische Aufrüstung, fortgesetzter Sozialabbau und Ignoranz gegenüber wachsender Armut in Deutschland und so weiter.

Vielleicht sollte man in Sachen Israel-Palästina-Konflikt besser auf betroffene Menschen hören, zum Beispiel die jüdische Schriftstellerin Deborah Feldman. In einem Interview sagte sie der Rheinischen PostFolgendes:

"Deutschland dient die uneingeschränkte Solidarität mit Israel als ein Freispruch vom Vorwurf des Antisemitismus. Wenn Israel aber Wege geht, die man eigentlich nicht mehr unterstützen dürfte, Israel also die Freispruch-Rolle nicht mehr so einfach spielen kann, sehen sich viele Deutsche bedroht in ihrer eigenen Abgrenzung vom Antisemitismus. (...) Die Solidarität mit Israel, die deutsche Staatsräson, ist also ein Selbstschutz. Sie hat narzisstische Motive."