Sieg für Milei: Argentinien vor libertärer Zeitenwende

Autorius: Sven Reuth Šaltinis: https://www.compact-online.de/... 2023-11-21 18:03:00, skaitė 617, komentavo 0

Sieg für Milei: Argentinien vor libertärer Zeitenwende

Es ist ein Erdbeben, das in der jüngeren politischen Geschichte seinesgleichen sucht. Der radikale Libertäre Javier Milei hat mit großem Vorsprung die gestrige Präsidentschaftswahl in Argentinien gewonnen. Gönnen Sie sich diesen Klartext! Lesen Sie den aktuellen Bestseller des scharfsinnigen und libertären Regimekritikers Markus Krall: „Freiheit oder Untergang“. Jetzt geht es um alles oder nichts! Hier mehr erfahren.

Was für ein Paukenschlag, der sich da gestern im achtgrößten Land der Welt ereignete! Der radikal-libertäre Kandidat Javier Milei hat die Stichwahl um das Amt des argentinischen Präsidenten mit einem riesigen und von keinem Demoskopen vorhergesagten Vorsprung gewonnen. Milei erhielt 55,7 Prozent der Stimmen, sein Gegenkandidat Sergio Massa, ein Linksperonist, bekam nur 44,3 Prozent der Stimmen. In dieser Deutlichkeit ist der Sieg des manchmal als „Anarchokapitalisten“ bezeichneten Milei eine große Überraschung, da Massa in der ersten Runde der Wahl noch klar vorne gelegen hatte.

„Heute beginnt der Wiederaufbau“

Im Zentrum von Buenos Aires äußerte Milei gestern vor seinen überwiegend jungen Anhängern:

„Heute beginnt der Wiederaufbau von Argentinien. Das ist ein historischer Abend.“

Außerdem äußerte Milei, er wolle eine Regierung, die ihre Pflicht erfülle und das Privateigentum und den freien Handel akzeptiere.

Auch Ex-US-Präsident Donald Trump freute sich über den Sieg Mileis und schrieb auf der Plattform Truth Social:

„Ich bin sehr stolz auf Sie. Sie werden Ihr Land umkrempeln und Argentinien wirklich wieder großartig machen.“

Auch der linke brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva meldete sich auf X, vormalsTwitter, zu Wort und äußerte:

„Ich wünsche der neuen Regierung viel Glück und Erfolg. Argentinien ist ein großes Land und verdient unseren ganzen Respekt.“

Ultrarechts und ultraliberal

Diese herzlich klingenden Worte können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Lula vor der Wahl mehrere Wahlkampfberater nach Argentinien geschickt hatte, um noch auf den letzten Metern einen Erfolg Mileis zu verhindern. Die linke Welle in Lateinamerika ist mit der Wahl des häufig als „Rechtspopulisten“ bezeichneten Milei jedenfalls gebrochen worden.

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Die Casa Rosada in Buenos Aires, Amtssitz des argentinischen Präsidenten. Foto: Maia Ocampo I Shutterstock.com.

Mit Javier Milei hat es ein Anhänger der Österreichischen Schule der Ökonomie bis zum Präsidenten gebracht. Seine Wahl ist offenbar der Schlusspunkt unter eine große Wende des politischen Bewusstseins, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in Argentinien vollzogen hat.

Zur Erinnerung: Zwischen 1920 und 1950 gehörte Argentinien, das damals als „Kornkammer der Welt“ galt, noch zu den reichsten Staaten der Welt. Doch dann wurde es ruiniert durch eine korrupte und ineffiziente Staatswirtschaft. So sehen es viele Ökonomen – und so sehen es in Argentinien offensichtlich auch viele Wähler, die Milei in die Casa Rosa, den Präsidentenpalast in Buenos Aires, gewählt haben.

„Papst hat Affinität zu kommunistischen Mördern“

Milei ist jedenfalls ein Regierungschef, wie es ihn in der Geschichte eines großen Staates noch nie gab. Er verbindet, wie der Wikipedia-Beitrag über ihn verrät. „ultrarechte mit ultraliberalen Positionen“. Tatsächlich scheint Milei ein Politiker völlig ohne Furcht zu sein. So wagte er es, im immer noch erzkatholischen Argentinien die politische Ausrichtung von Papst Franziskus zu kritisieren. In einem Interview mit dem konservativen US-Journalisten Tucker Carlson äußerte Milei:

„Der Papst spielt ein politisches Spiel. Er hat großen politischen Einfluss. Der Papst hat eine Affinität zu kommunistischen Mördern. Er verurteilt sie nicht und ist nachsichtig mit ihnen. Der Papst ist nur nachsichtig mit der venezolanischen Diktatur. Er ist nachsichtig mit der gesamten Linken, auch wenn sie wirkliche Kriminelle sind.“

Das Interview mit Tucker Carlson wurde auf X (vormals Twitter) sogar mehr als 400 Millionen mal angeklickt – auch ein Hinweis darauf, wie viele Menschen mittlerweile die ewiggleichen Phrasen des Polit-Establishments satt haben. Am Ende schadete es Milei dann nicht einmal mehr, dass er vom argentinischen Papst auch noch als „Rattenfänger“ bezeichnet wurde.

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Geschichtspolitisch werden in Argentinien unter dem neuen Präsidenten andere Zeiten anbrechen. Das zeigt die Personalie Victoria Villarruel, die neue Vizepräsidentin des südamerikanischen Landes werden wird. Sie setzt sich gegen das Vergessen der Opfer linksextremer Guerillagewalt, die es vor und während der argentinischen Militärdiktatur gab, ein. Im Wahlkampf lud sie demonstrativ Angehörige der Opfer von Guerillagewalt ein.

Vorwärts in die „Libertäre Republik Argentinien“

Die „Libertäre Republik Argentinien“, die Milei seinen Wähler verspricht, hat offenbar schon einen gewaltigen Rückhalt im Volk, wie das gestrige Wahlergebnis zeigt. Milei fordert die radikale Senkung von Steuern sowie die Abschaffung der Inflationswährung Peso und ihre Ersetzung durch den US-Dollar. Ein radikales Programm, das aber nicht unbedingt völlig utopisch sein muss. Im mittelamerikanischen El Salvador hat der dortige Präsident Nayib Bukele jedenfalls vorgemacht, wie man auch radikale Änderungen der Währungsordnung zum Wohle des eigenen Volkes durchführen kann. Die Einführung des Bitcoins als Zweitwährung – begrüßt von dem rechten US-Libertären und Musk-Intimus Peter Thiel – hat das Land jedenfalls wohlhabender und nicht ärmer gemacht.

Und noch etwas könnte dem Erfolg der neuen Regierung entgegenkommen. Bei den gestrigen Stichwahlen konnte Milei durch sein Bündnis mit der konservativ-liberalen Kandidatin Patricia Bullrich, die in der ersten Runde der Wahl mit knapp 24 Prozent den dritten Platz belegte, einen großen Teil von deren Stimmen zu sich herüberziehen. Im Gegenzug wird er nun die Personalvorschläge Bullrichs für die Bildung seiner neuen Regierung berücksichtigen müssen.

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Javier Milei bei einer Wahlkampfveranstaltung am 13. August 2023. Foto: Facundo Florit | Shutterstock.com

Ebenso wird Milei einige Minister übernehmen müssen, die der von 2015 bis 2019 regierende konservative Ex-Präsident Mauricio Macri vorschlägt, da dieser ebenfalls zu seinen Unterstützern in der Endphase des Wahlkampfs zählte. Die von Bullrich und Macri nominierten erfahrenen konservativen Minister könnten dem libertären Experiment von Buenos Aires die nötige Bodenhaftung und Erfahrung verleihen. Im besten Fall könnte von der argentinischen Hauptstadt aus nun also eine Revolution ausgehen, wie sie die Welt seit der Oktoberrevolution 1917 nicht mehr gesehen hat – nur dass die argentinischen Revolutionäre im Kapitalismus nicht das Problem, sondern die Lösung sehen.

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